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Arbeitsgericht Dresden, Urteil vom 11.01.2023, Az. 4 Ca 688/22

In einem von unserer Kanzlei geführten Verfahren hat das Arbeitsgericht Dresden entschieden, dass Arbeitgeber nicht berechtigt waren, Arbeitnehmer im Gesundheitswesen von ihrer vertraglichen Leistungspflicht unentgeltlich zu suspendieren. Eine Impfpflicht aller Beschäftigten von Pflegeeinrichtungen wie auch eine als einrichtungsbezogene Impfpflicht bezeichnete staatliche Anordnung wurde vom Gesetz nicht getragen. § 20a IfSG normierte weder eine Pflicht zur Impfung bestimmter Berufsgruppen noch enthielt es ein ausdrücklich geregeltes Beschäftigungsverbot bestimmter ungeimpfter oder nicht genesener Beschäftigten. Arbeitgeber sind nach dieser Entscheidung im Übrigen verpflichtet, den Arbeitnehmern auf deren Verlangen Auskunft zu erteilen, ob und falls ja welche personenbezogenen Daten im Zusammenhang mit § 20a IfSG an das Gesundheitsamt oder sonstige Dritte übersandt wurden. Bei nicht rechtzeitiger und/oder vollständiger Auskunftserteilung besteht ein Schadensersatzanspruch i. S. v. Art. 82 DSGVO.

Die Parteien stritten über die Rechtmäßigkeit einer Suspendierung der Klägerin ab dem 16.03.2022 durch die Beklagte, deren Rechtsfolgen sowie über die Erfüllung eines Auskunftsanspruchs der Klägerin nach der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO). Die Klägerin war seit 2019 als Köchin in einer Betriebsstätte der Beklagten in einem Seniorenheim beschäftigt. Die Beklagte hatte von der Klägerin bis zum 15.03.2022 Auskunft über deren Corona-Impf- oder Genesen-Status oder Hinderungsgründe für eine Corona-Schutzimpfung verlangt. Die Klägerin hatte diese Auskunft nicht erteilt. Daraufhin stellte die Beklagte die Klägerin mit Schreiben vom 14.03.2022 und mit Wirkung ab 16.03.2022 unbezahlt bis zum 31.12.2022 von der Erbringung der Arbeitsleistung frei. Die Klägerin hatte vorgerichtlich von der Beklagten unter Fristsetzung bis zum 18.04.2022, gestützt auf Art. 15 Abs. 1 und 3 DSGVO, Auskunft über die von ihr gespeicherten und von der Beklagten an Dritte weitergegebenen persönlichen Daten verlangt. Insbesondere hatte sie die Beklagten aufgefordert mitzuteilen, ob und falls ja welche personenbezogenen Daten im Zusammenhang mit § 20a IfSG an das Gesundheitsamt oder sonstige Dritte übersandt wurden. Die Beklagte hat erst mit Schreiben vom 28.06.2022 Auskunft erteilt, welche die Klägerin aber für unvollständig hielt. Daher schulde die Beklagte eine Entschädigung aus Art. 82 DSGVO.

Das Arbeitsgericht Dresden entschied, dass sich die Beklagte mit der Annahme der Dienste der Klägerin im Verzug befand und diese die vereinbarte Vergütung für die Zeit vom 16.03.2022 bis 31.12.2022 verlangen kann, ohne zur Nachleistung verpflichtet zu sein. Die Beklagte war nicht berechtigt, die Klägerin von ihrer vertraglichen Leistungspflicht unentgeltlich zu suspendieren. Im Urteil heißt es weiter, dass die Behauptung des Arbeitgebers, es hätte für alle Beschäftigen in Pflegeeinrichtungen eine staatlich angeordnete Impfpflicht gegeben, nicht vom Gesetz getragen war. „§20 a IfSG normiert weder eine Pflicht zur Impfung bestimmter Berufsgruppen noch enthält es ein ausdrücklich geregeltes Beschäftigungsverbot bestimmter ungeimpfter oder nicht genesener Beschäftigten“, so das Gericht. Der Arbeitgeber hätte lediglich das zuständige Gesundheitsamt informieren dürfen, wenn kein Impfnachweis vorliege oder wenn Zweifel an einem vorgelegten Nachweis bestanden hätten. Aber die tatsächliche Beschäftigung zu verweigern, sei ungesetzlich.

Weiterhin verpflichtete das Arbeitsgericht die Beklagte, der Klägerin gem. Art. 15 DSGVO eine Auskunft darüber zu erteilen, ob und falls ja welche Daten an das Gesundheitsamt übersandt wurden. Das Gericht ging dabei davon aus, dass sowohl der Tatbestand der nicht rechtzeitigen und darüber hinaus auch der Tatbestand der nicht vollständigen Auskunftserteilung erfüllt waren. Auf Grund dessen wurde die Beklagte zu einem Schadensersatz gem. Art. 82 DSGVO in Höhe von 1.000,00 € auf Grund der verfristeten und von weiteren 1.500,00 € in Folge der unvollständigen Auskunft verurteilt.

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.